Nulla dies sine linea
Geschichtsverein Windecken 2000

 
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Den Bach-Glocken auf der Spur
Geschichtsverein wurde auch in Hüttengesäss fündig 

In den beiden Weltkriegen wurden wohl von fast allen Kirchtürmen zum Teil auch sehr alte und künstlerisch wertvolle Glocken herabgeholt, eingeschmolzen und zu Kriegsgerät verarbeitet. Als 1945 die Kanonen schwiegen, waren jedoch zahlreiche eherne Zeugen einer alten Handwerkskunst auf dem großen Sammel-Lagerplatz am Hamburger Hafen dem ihnen zugedachten Schicksal entgangen und kehrten im Laufe der Jahre unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wieder auf ihren angestammten Platz in den Glockenstühlen zurück. 

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Die Kirche in Hüttengesäß Foto: Rolf Hohmann 2001
In Windecken wurden in rund 150 Jahren von vier Bach-Generationen etwa 400 Glocken gegossen. Der Geschichtsverein Windecken 2000 hat es sich zur Aufgabe gestellt, zunächst im Altkreis Hanau und in den angrenzenden Gebieten alle noch vorhandenen Bach-Glocken aufzuspüren und zu dokumentieren. Bei diesen Recherchen wurden auch Glocken aus einem langen Dornröschenschlaf geweckt, die in den umfassenden Verzeichnissen von Wenzel, Fritzen und Reul nicht erfaßt sind. 

Auch in Hüttengesäss läuten noch zwei Bach-Glocken zum Gottesdienst und bei besonderen Anlässen. Als Filiale von Selbold wird für Hüttengesäss erstmals 1151 eine Kirche urkundlich erwähnt. Neben der kleinen Kapelle wurde ein quadratischer Wehrturm errichtet. Später erfolgte der Ausbau der Anlage zu einer Wehrkirche. Der Kirchturm wurde 1787/88 wesentlich erhöht und erhielt in etwa seine heutige Form. Bereits 1776 hatte "Dynastiegründer" Johann Peter Bach vor dem Kilianstädter Tor in Windecken für die Kirche zwei Glocken in den Klangtönen d und dis gegossen, die alle Stürme der Zeit überstanden. Durch die Beiträge in der Presse aufmerksam geworden, unterrichtete Küster Klaus Euler den Geschichtsverein vom Vorhandensein der beiden Glocken. An der durchgeführten Ortsbesichtigung nahm wieder der Hanauer Baudirektor i.R. Konrad Bach teil, ein direkter Nachkommen des Dynastiegründers Johann Peter Bach (Roßdorfer Linie).  

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Küster Klaus Euler im Glockengestühl bei den beiden Bach Glocken Foto: Rolf Hohmann 2001
Die Mundöffnung der größeren Glocke (Ton d) mißt 75 Zentimeter und die Höhe bis zur Krone beträgt 65 Zentimeter.  Die Aufschrift lautet: Ich rufe laut zu Gottes Ehr Mensch diese Stimme nicht verhoer Johann Peter Bach in Windecken goss mich MDCCLXXVI als Her G. Leipold Pfarrer Jacob Koch Schultheis und Adam Euler Baumeister waren in die Kirche zu Hüttengesaess (1776). Die etwas gedrungenere Glocke (Ton dis) mißt 65 x 55 cm und sie trägt die Aufschrift: Soli Deo Gloria Johann Peter Bach in Windecken goss mich MDCCLXXVI G.M.L.I.I.K.A.E. in die Kirche zu Hüttengesaess (1776). Im Jahr 1883 fertigte Philipp Heinrich Bach I. auf dem Gießplatz vor dem Kilianstädter Tor für die Hüttengesässer Kirche eine weitere Glocke, die 1917 "zu Kriegszwecken" eingeschmolzen wurde. Ihre Aufschrift "Kommt her zu mir alle die ihr muehselig und beladen seid ich will euch erquicken" konnte sie nicht vor ihrem bitteren Schicksal bewahren. 

Inzwischen ist der Geschichtsverein Windecken 2000 auf weitere erhalten gebliebene Bach-Glocken im Altkreis Hanau und der näheren Umgebung aufmerksam gemacht worden. So soll in Großkrotzenburg eine Bach-Glocke von 1758 existieren und in Büdingen lassen noch zwei aus dem Jahr 1777 ihre ehernen Stimmen erklingen.

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