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Geschichtsverein Windecken 2000
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Der Fall Bausch 5
Viele "Fälscher-Beweise" stehen auf tönernen Füßen
Von Rolf Hohmann

In ihrer Abhandlung "Zur Frage der Echtheit der jungsteinzeitlichen "Wetterauer Brandgräber" (Germania, 1958) hat Gudrun Loewe mit zum Teil gewagten Vermutungen versucht den Beweis dafür zu erbringen, daß der Windecker Brunnenbauer Georg Bausch zwischen 1906 und 1920 rund 100 dieser im nördlichen Hanauer Kreisgebiet und im Raum Frankfurt entdeckten bandkeramischen Gräber eigenhändig gefälscht hat. Dies war für einen bis zu seinem Tod im Jahr 1932 hochgeachteten Mann posthum ein schwerer Vorwurf, den seine acht Enkelkinder nicht unwidersprochen hinnehmen wollen. Im Namen ihrer Verwandtschaft hat mich Bausch-Enkelin Maria Schmidt aus Langendiebach als Vorsitzenden des Geschichtsvereins Windecken 2000 gebeten, in diesem "Fälscher Krimi" neue Recherchen anzustellen. Die aus meiner umfangreichen Quellensammlung und praktischen Versuchen gewonnenen Erkenntnisse werden laufend auf unserer Homepage "www.geschichtsverein-windecken.de" veröffentlicht. Nachfolgend werde ich versuchen, das von Gudrun Loewe aufgebaute Theoriegebäude, soweit es die Brandgräber "als solche" betrifft, zumindest stark zum Schwanken zu bringen. Da weder sie noch ich ein original Wetterauer Brandgrab zu Gesicht bekommen haben, bleibt es den Lesern dieser Abhandlung überlassen zu beurteilen, ob Georg Bausch ein ebenso raffinierter wie "begnadeter" Fälscher war, oder doch nur ein biederer Familienvater, der dem Ehrgeiz einer Wissenschaftlerin zum Opfer fiel.

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Ein Blick auf dieses "Situationsfoto" eines in der Gemarkung Ostheim entdeckten neolithischen Brandgrabes reichte Gudrun Loewe aus, um auch die 99 anderen als "neuzeitliche Störung", sprich Fälschung, zu erkennen. Repro: Rolf Hohmann
Welche "Beweise" führte Gudrun Loewe ins Feld, um ihrer Fälschertheorie das nötige Gewicht zu verleihen? Dazu bemerkt sie auf Seite 431 ihrer Abhandlung: "In der zusammenfassenden Beschreibung betont Wolff die "vollkommene Gleichheit der Gräber in Form und Größe und die große Übereinstimmung der Art wie sie zuerst in Erscheinung treten." Der "fettig weiche" Inhalt der Grabmulden hob sich "speckartig tiefschwarz" ab und war "so lettenartig zusammenhängend, daß man ihn mit einer großen Schippe unterstechen und herausnehmen konnte, ohne daß er zerbröckelte." Anschließend führt Gudrun Loewe aus: "Dieses kann man sich ohne weiteres vorstellen, wenn man das Situationsfoto von Ostheim betrachtet, das in voller Deutlichkeit den Unterschied zwischen der dunklen, lockeren Grabfüllung und dem helleren, homogen-festen, mit dem Spaten säuberlich abgestochenen Löß der Umgebung zeigt. Der Übergang zeichnet sich am besten an der rechten oberen Begrenzung ab als eine gebrochene Linie zwischen zwei verschiedenen Strukturen, während der Farbunterschied nur wenig zur Geltung kommt. Hier besteht offensichtlich keine durch Jahrtausende dauernde Lagerung gefestigte Verbindung zwischen dem anstehenden Löß und der humosen Einfüllung, die ein Ausheben der Grabfüllung nach Wolffs Beschreibung unmöglich gemacht hätte. Alte Kulturschichten pflegen sich durch besondere Festigkeit auszuzeichnen, die durch eingeschlossene Brandreste nur noch gesteigert werden wird, und sind mit dem sie umgebenden anstehenden Boden fest verbunden. Die Abbildung des Brandgrabes von Ostheim gibt das typische Bild einer neuzeitlichen Störung, die wahrscheinlich ebenso jung ist, wie die etwa 1 mm feinen Durchbohrungen der Kieselbeigaben dieses Grabes."

Diese "feinen Durchbohrungen" scheinen es Gudrun Loewe angetan zu haben. Sie führt in ihrem Beitrag auf Seite 426 aus: "Ungeahnte technische Fähigkeiten der Steinzeitmenschen schienen sich in den feinen Durchbohrungen und Verzierungen anzudeuten. Wolff setzt ohne Bedenken voraus, daß die oft weniger als 1 mm feinen und bis zu 5 mm langen zylindrischen, anscheinend meist von beiden Seiten her geführten Bohrungen mit dem Silexbohrer ausgeführt worden seien." Ich habe bereits in einem früheren Beitrag die Frage gestellt, was den angeblichen Fälscher Georg Bausch eigentlich bewogen haben könnte, ausgerechnet bruchanfällige und nur schwer für den gedachten Zweck zu handhabende 1 mm Bohrer zu verwenden? Da es keine Vergleichsobjekte gab, hätte er es doch mit einem 2 oder 3 mm Bohrer wesentlich leichter gehabt, wie ich durch eigene Versuche feststellte. Als 1958 der Loewe Beitrag in der "Germania" veröffentlicht wurde, begann der Brite James Mellaart, den man als "Archäologen mit der goldenen Hand" bezeichnete, mit umfangreichen Ausgrabungen neolithischer Siedlungsplätze in Anatolien. Darüber berichtet Rudolf Pörtner in seinem 1975 erschienenen Buch "Alte Kulturen ans Licht gebracht-Neue Erkenntnisse der modernen Archäologe" im Eröffnungskapitel "Catal Hüyük - Eine Terrassenstadt in der Steinzeit" ausführlich. In seiner Beschreibung der Funde heißt es: "Die Qualität der Fertigware beweist die hohe technische Leistungsfähigkeit der Menschen von Catal Hüyük" und weiter "Steinperlen wurden in Massen und mit so feinen Bohrungen hergestellt, daß man sie mit modernen Stahlnadeln nicht auffädeln kann." Was nun, Frau Dr. Loewe? Waren im 7. vorchristlichen Jahrtausend in Anatolien nach dem Motto "Was nicht sein kann, das nicht sein darf" auch Fälscher am Werk? Vielleicht hatten den Steinzeitmenschen Außerirdische feinste Stahlbohrer zur Verfügung gestellt? Zusammenfassend zitiert Pörtner den erfolgreichen Ausgräber Mellhaat: "Die verbreitete Auffassung vom neolithischen Menschen als einen armen Bauern, der sich abrackerte, um durch schwere körperliche Arbeit einen kümmerlichen Lebensunterhalt zusammenzuscharren, unfähig zu künstlerischen Ausdruck und dazu verdammt, in einer Inzuchtgesellschaft in Dörfern mit elenden Hütten zu leben - diese Auffassung ist ebenso weit von der Wirklichkeit entfernt wie die Annahme, "haarige Höhlenmenschen" hätten solche Meisterwerke geschaffen wie die Höhlenmalereien von Lascaus und Altamira. Es ist bemerkenswert, daß der moderne Mensch nicht fähig ist, Ebenbürtigkeit (oder Überlegenheit) anzuerkennen." Dem ist nichts hinzuzufügen.

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Das bis zur Fundschicht freigelegte Brandgrab Nummer IV, entdeckt 1907 in der Gemarkung Butterstadt. Deutlich ist die in den hellen Lößboden eingetiefte schwarze Brandschicht zu erkennen. Repro: Rolf Hohmann
Zurück zum Germania-Beitrag von Gudrun Loewe, die es penibel vermeidet, Tatsachenbehauptungen aufzustellen. Wenn es "zur Sache" geht, verwendet sie Begriffe wie "offensichtlich" und "anscheinend" oder "wahrscheinlich" und sie hütet sich abschließend auch, Georg Bausch direkt der Fälschung aller von ihm entdeckten Wetterauer Brandgräber zu bezichtigen. Ihre abschließende Formulierung, sie sei aufgrund der vorgetragenen Bedenken zu der "Überzeugung" gelangt, "daß die "Wetterauer Brandgräber" nebst ihren Beigaben von Bauschs Hand herrührten", ist presserechtlich nicht angreifbar. Gudrun Loewe brachte es aber in ihrer Abhandlung zu einer gewissen Meisterschaft darin, Zitate aus dem Zusammenhang zu reißen und stichwortartig so zu interpretieren, daß sie in die vorgegebene "Fälscherform" passen. Die weiter oben angeführten Wolff-Zitate sind dessen Abhandlung "Neolithische Brandgräber in der Umgebung von Hanau" entnommen, die im III. Band der Praehistorischen Zeitschrift von 1911 veröffentlicht wurde. Um den Unterschied zwischen 0riginal und "Bearbeitung nach Loewe" zu verdeutlichen, werden nachfolgend die betreffenden Passagen im Wortlaut wiedergegeben. Im Kapitel "Gräber" schreibt Prof. Georg Wolff: "Was bei den Untersuchungen besonders auffiel, war die vollkommene Gleichheit der Gräber in Form und Grösse und die grosse Übereinstimmung der Art, wie sie zuerst in Erscheinung traten. Zwar an der Farbe und Form der dunklen Flecke, welche infolge der Tätigkeit des Dampfpfluges sich auf den braunen Ackerflächen bemerkbar machten, konnte man zunächst nicht entscheiden, ob unter ihnen eine Wohngrube oder ein Grab verborgen sei. Aber bei vorsichtigem, schichtenweisen Abstechen des Bodens liess sich, wenn ein Grab vorhanden war, dies an dem Übergang der mehr bröckeligen dunklen Erde in eine speckartige tiefschwarze erkennen, die sich als kreisrunde oder viereckige, an den Ecken abgerundete Scheibe deutlich von der dunkelgrauen oberen Schicht und noch weit deutlicher von dem gelben Lehm, der unter ihr lag, abhob. Denn mit einer einzigen Ausnahme waren die Gräber, mochten sie isoliert liegen oder in den Boden einer Wohngrube eingeschnitten sein, mit ihrem unteren Teil in den gewachsenen Boden eingetieft. Im ersteren Falle erkannte man die dunkelglänzende Fläche 35 bis 50 cm unter der Oberfläche, also unmittelbar unter der durch den Dampfpflug aufgerissenen Humusschicht, die infolgedessen auf eine gewisse Ausdehnung durch die obersten Teile des Grabes dunkel gefärbt war. Der unberührte Teil des Grabes erstreckte sich regelmässig nur 10 bis 15 cm tief als eine von der erwähnten schwarzen Erde mit den Knochenresten und Grabbeigaben angefüllte flache Mulde in den gelben Lehm hinein." An dieser Stelle weist Wolff auf eine Fußnote hin, deren hier interessierende Satz lautet: "Der Inhalt dieser Mulden war infolge der durch das darüber befindliche lockere Erdreich eindringenden Feuchtigkeit und der - wohl durch den Leichenbrand - in ihm befindlichen öligen Substanzen so lettenartig zusammenhängend, dass man ihn, mit einer grossen Schippe unterstechen und herausnehmen konnte, ohne dass er zerbröckelte."

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Dieses Foto versah Prof. Heiderich mit der Unterschrift: "Grab der Wohngrube 2 in situ". Repro: Rolf Hohmann
Die von Gudrun Loewe zur Erhärtung ihrer Fälschertheorie angeführten Argumente , soweit es die Brandgräber "als solche" unter Außerachtlassung der durchbohrten Artefakte betrifft, verdienen eine eingehende Betrachtung. Ihre Behauptung "Alte Kulturschichten pflegen sich durch besondere Festigkeit auszuzeichnen, die durch eingeschlossene Brandreste nur noch gesteigert wird, und sind mit dem sie umgebenden anstehenden Boden fest verbunden" kann von mir als Laie nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft werden. In der mir zugänglichen Literatur habe ich keinen entsprechenden Hinweis gefunden. Ich könnte mir aber gut vorstellen, daß die jeweiligen Bodenverhältnisse ausschlaggebend dafür sind, ob und wie sich die gewachsene Erde beispielsweise mit dem sich in prähistorischen Abfallgruben bildenden Humus im Lauf der Jahrtausende verbindet. Bei den von mir an der Hohen Straße und in Mittelbuchen etwa 30 ausgegrabenen bandkeramischen Abfallgruben habe ich als Autodidakt - die von mir vom damaligen Kreisbodendenkmalpfleger Dr. Karl Dielmann erbetene ständige Überwachung und Anleitung ließ sich nicht verwirklichen - diesem Aspekt keine Aufmerksamkeit geschenkt. Die von mir angefertigten Dias müßten von einem Fachmann ausgewertet werden. Folgende Überlegungen sind für mich aber wesentlich schwerwiegender. Setzen wir voraus, daß die von Gudrun Loewe beschriebene, in Jahrtausenden entstandene "feste Verbindung" von alten Kulturschichten mit dem sie umgebenden gewachsenen Boden bereits vor dem Ersten Weltkrieg wissenschaftlich fundiertes Allgemeingut war, stellt sich die Frage: Warum haben damals die vielen an den Ausgrabungen an der "Hohen Straße" im nördlichen Hanauer Kreisgebiet bis 1910 beteiligten Wissenschaftler, die Dutzende Brandgräber aufgrund der "bröckeligen" Grabfüllung" und der fehlenden "festen Verbindung" der Erdschichten nicht sofort als "neuzeitliche Störung" erkannt, sondern sie in zahlreichen Veröffentlichungen als "sensationelle" Entdeckung bezeichnet? Spaten und Spatel hatten unter anderem in die Hand genommen: Prof. Dr. Georg Wolff, Streckenkommissar der Reichslimeskommission und stellvertretender Vorsitzender der Römisch-Germanischen Kommission (RGK), Dr. Paul Steiner, Assistent der RGK, Prof. Dr. Hans Dragendorff, erster Direktor der 1902 gegründeten Römisch-Germanischen Kommission (bis 1911), anschließend Generalsekretär des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI), F.-K. Heiderich, Professor der Anthropologie in Göttingen und Max Richard Konstantin Verworn, Professor der Phisiologie in Göttingen. In seinem im Heft 56 des "Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der Deutschen Geschichts-und Alterthums" 1908 erschienenen Beitrag "Neolithische Brandgräber in den Gemarkungen Marköbel, Butterstadt und Kilianstetten bei Hanau" führt Georg Wolff aus: "Nachdem auch hier am 29. März eine erfolgreiche Grabung unter Leitung des Berichterstatters vorgenommen und die bis dahin festgestellten teils ausgehobenen teils nur von oben angeschnittenen Gräber genau aufgenommen waren konnte am 14. April die immer wieder verschobene Aufdeckung einer größeren Anzahl von Fundstellen vorgenommen werden, an der außer dem Berichterstatter und Herrn Sanitätsrat Kohl auch die Herren Dr. Steiner, Direktorialassistent Welcker und Oberlehrer Dr. Manger von Frankfurt, Oberlehrer Dr. Helmke von Friedberg, Apotheker Koehl von Langenselbold und Domänenpächter B. Schwarz vom Baiersröder Hof teilnahmen."

Während heute interessierte "Amateurarchäologen" kaum eine Chance haben, sich auf dem Gebiet der Bodendenkmalpflege unter Aufsicht auch nur annähernd frei zu entfalten - die inzwischen übermächtige Bürokratie hat sie fest im Griff-, gaben damals Laien oft entscheidende Impulse. Sie eigneten sich durch Literaturstudien profunde Kenntnis auf dem Gebiet der Vor- und Frühgeschichte an. Sie führten außerdem Feldbegehungen durch und nahmen aktiv an Ausgrabungen teil. Für Archäologie interessierten sich im Landkreis Hanau vor allem Lehrer, aber auch Ärzte, Sanitätsräte, Apotheker, Offiziere, Gutsbesitzer, Geschäftsinhaber und so weiter. Der Brunnenbauer Georg Bausch als Vertreter der "arbeitenden Klasse" war damals ein Außenseiter im erlauchten Kreis der Amateurarchäologen aus der gehobenen Gesellschaftsschicht. Das "Manko" seiner einfachen Herkunft glich er durch sein ausgeprägtes und vielgerühmtes "Feeling" beim Aufspüren vor-und frühgeschichtlicher Siedlungsspuren mehr als aus. Es darf hier noch einmal daran erinnert werden, daß Georg Wolff ein "gelernter" Gymnasialprofessor war und als Autodidakt trotzdem mit Respekt als "Nestor" der archäologischen Bodenforschung in der  Wetterau bezeichnet wird. Der Ausgräber von Babylon, Robert Koldewey, lehrte an der Königlichen Baugewerk- und Maschinenbauschule in Görlitz, ehe er seine wahre Berufung erkannte. Der in Olympia und Troja erfolgreiche Ausgräber Wilhelm Dörpfeld studierte das Baufach und legte 1876 das Bauführerexamen ab. Erst seine Aufgabe, die Ausgrabungsergebnisse in Olympia zeichnerisch zu dokumentieren, ließ ihn seine "archäologische Laufbahn" einschlagen. Von Heinrich Schliemann, dessen Wirken mit Wilhelm Dörpfeld untrennbar verbunden ist, soll hier gar nicht erst die Rede sein. Die Beispiele könnten beliebig fortgesetzt werden.

Vom 2. bis 6. August 1908 fand in Frankfurt die XXXIX. allgemeine Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft statt, an der laut Bericht 256 Mitglieder und Gäste teilnahmen, die namentlich bekannt sind. Am Dienstag, 4. August, stand eine Fahrt in die Wetterau auf dem Programm, deren Teilnehmer Zeuge der Ausgrabung einer Anzahl zum Teil bis zur Fundschicht freigelegter Brandgräber wurden. Da die Fundorte zu weit von den Bahnstationen entfernt lagen, benutzte man PKWs für die Anfahrt. Im Korrespondenzblatt der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte (Sept./Dez. 1908) wird über diese Exkursion berichtet: "Eine Anzahl Automobilbesitzer hatte sich bereit gefunden, den auswärtigen Gästen - die einheimischen Teilnehmer des Kongresses hatten von vornherein auf Beteiligung verzichten müssen, weil unmöglich eine noch größere Zahl von Menschen hätte etwas sehen können - ihre Wagen zur Verfügung zu stellen; die Beteiligung war indessen so eine starke, daß schließlich noch Mietautos zu Hilfe genommen werden mußten. 94 Herren und Damen folgten der Führung des Leiters der Ausgrabung, Prof. Wolff, zuerst über Vilbel, Bergen, Hanau, Roßdorf zu der ersten Fundstätte in der Nähe des Baiersröder Hofes bei Marköbel, dann in den Kilianstädter Wald bei Büdesheim. An beiden Stellen waren die gut vorbereiteten Ausgrabungen erfolgreich und ergaben die wirksamste Erläuterung zu dem Vortrage des ersten Tages von Prof. Wolff und der Abhandlung Prof. Steiners in der Festschrift, die beide sich mit diesen Fundstätten beschäftigen." Welche Versammlungs-Teilnehmer die Freilegung von Wetterauer Brandgräber mit großem Interesse verfolgten, ist nicht bekannt. Mit einiger Sicherheit dürften dabei gewesen sein Prof. Hans Dragendorff, Präsident der Römisch-Germanischen Kommission, H. Feyerabend, Museumsdirektor in Görlitz, Dr. W. Foy, Direktor des Rautenstrauch-Joest-Museums in Köln, Dr. Gößler, Archäologischer Konservator in Stuttgart, Dr. K. Hagen, Abteilungsvorsteher im Museum für Völkerkunde Hamburg, E. Krause, Konservator in Berlin, Dr. Kropatschek und Rudolf Welcker, Direktions-Assistent am Historischen Museum Frankfurt.

Es bleibt festzuhalten, daß alle an der Freilegung der Brandgräber aktiv beteiligten Wissenschaftler und die zahlreichen Beobachter keinen Zweifel an deren Originalität hegten.

Über 30 Jahre lang nach ihrer Aufsehen erregenden Entdeckung fanden die "Wetterauer Brandgräber" Eingang in die Fachliteratur. Auch namhafte Autoren waren von der Echtheit dieser damals innerhalb des bandkeramischen Kulturkreises nur vereinzelt beobachteten Bestattungsform überzeugt. Während die Brandgräber "als solche" wissenschaftlich anerkannt wurden, kamen Mitte der dreißiger Jahre Zweifel an der Echtheit der durchbohrten Grabbeigaben auf. Diese galten vor allem den Ketten aus Kieselsteinen und Schieferplättchen. Gudrun Loewe fasst auf Seite 423 in ihrem Germania-Beitrag zusammen: "Namhafte Übersichtswerke berichten über die "Wetterauer Brandgräber" als Lokalgruppe: G. Schwantes, Deutschlands Urgeschichte (1918 zuletzt 1952); C. Schuchardt, Alteuropa (1918, zuletzt 1944), W. Bremer in Ebert XIV (1929) und Buttler in Handb. d. Urgesch. Deutschlands 2 (1938). Noch 1954 zieht H. D. Kahlke "die Brandgräberfelder mit Linienbandkeramik des Maintals" in Betracht trotz seiner eigenen Fußnote "Viele Prähistortiker stellen die Echtheit der Funde in Frage" und beschreibt sie mit Zitaten von Wolff und Kunkel. Zweifel an der Echtheit der "Wetterauer Brandgräber" scheinen hauptsächlich von der Marburger Schule G. von Menharts auszugehen: A. Stroh hält 1940 die Gräber als solche für sicher, mißt ihnen aber "bei den wenig eindeutigen Fundverhältnisen" keine Bedeutung für das Verhältnis der Rössener zur Spiralbandkeramik zu." Gudrun Loewe mußte natürlich auch die Arbeit von Hermann Müller-Karpe erwähnen und sie meint, "daß ihm ein klares Ergebnis" versagt geblieben sei. Der junge Autor stand den hauptsächlich von Georg Bausch entdeckten Brandgräbern und vor allem deren ungewöhnlichen Beigaben durchaus skeptisch gegenüber. Müller-Karpe hatte die von Georg Wolff und Dr. Steiner angefertigten Grabungsprotokolle eingehend studiert und in Windecken mit Einwohnern, die Bausch noch kannten, eingehende Gespräche geführt. Für ihn reichten aber alle Indizien nicht aus, um den Wolff-Vorarbeiter offen der Fälschung zu verdächtigen. Am Schluß seiner 1943 verfassten Abhandlung resümiert er: "Ein endgültiges unangreifbares Urteil, ob restlos echt oder völlig geschwindelt, ist nach alledem nicht möglich. Entscheiden wird hier, wie so oft in prähistorischen Fragen, einzig der Spaten, wenn er wieder einmal auf den südlichen Lößhöhen angesetzt wird." Diese Beurteilung nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" hat Gudrun Loewe wohlweislich nicht in ihre "Zitatensammlung" aufgenommen.

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Von der "Wohngrube" 3 mit dem "integrierten" Brandgrab ließ Prof. Heiderich dieses Modell anfertigen. Er schenkte es dem Hanauer Geschichtsverein. Das Modell ist verschollen. Repro: Rolf Hohmann
Erst ab Mitte der 30er Jahre äußerten einige Wissenschaftler vorsichtige Zweifel an der Echtheit der Wetterauer Brandgräber, welche sich aber ausschließlich auf die durchbohrten Artefakte bezogen. Keiner von den Zweiflern konnte sich aber dazu durchringen, die Gräber samt Beigaben unverblümt als Fälschung eines biederen und angesehenen Mannes zu bezeichnen. Die Kieselsteinketten, die den Zweiten Weltkrieg unversehrt überstanden hatten, wurden in den Vitrinen des Museums für Vor- und Frühgeschichte im Holzhausenschlößchen, in den Ausstellungsräumen des Hanauer Geschichtsvereins und im Museum Büdingen von den Besuchern staunend bewundert. Müller-Karpe schreibt in den einleitenden Sätzen seiner Abhandlung: "Diese Schmuckketten, die heute mit die schönsten und interessantesten Gegenstände der Steinzeit-Abteilung unserer Sammlung darstellen, bildeten ehemals die Beigaben von Brandgräbern, die nach gelegentlich aufgefundenen verzierten Scherben und Steinwerkzeugen dem linearbandkeramischen und dem Rössener Kulturkreis angehörten." Ein halbes Jahrhundert nach den aufregenden Ereignissen auf dem "Tannenkopf" bei Butterstadt betrat Dr. Gudrun Loewe mit viel Theaterdonner als "Deus ex machina" die Bühne und teilte aufgrund ihrer Nachforschungen in der "Germania" der Welt ihre Überzeugung mit, "daß die "Wetterauer Brandgräber" nebst ihren Beigaben von Bauschs Hand herrührten." Sie hatte, wie bereits betont, nie ein Wetterauer Brandgrab mit eigenen Augen gesehen. Nur aufgrund eines nicht sehr aussagekräftigen "Situationsfotos" behauptet sie: "Die Abbildung des Brandgrabes von Ostheim gibt das typische Bild einer neuzeitlichen Störung, die wahrscheinlich ebenso jung ist, wie die etwa 1 mm feinen Durchbohrungen der Kieselbeigaben dieses Grabes." Mit dieser Einschätzung degradierte Gudrun Loewe die zahlreichen verdienstvollen Fachwissenschaftler, die an den damaligen Ausgrabungen der Brandgräber aktiv beteiligt waren, zu Dilettanten, um es einmal weniger derb auszudrücken. Sollten diese anerkannten Koryphäen tatsächlich nicht in der Lage gewesen sein bei der Freilegung Dutzender Brandgräber zu erkennen, daß sie einem "Meisterfälscher" aufgesessen waren, während die auf ihrem Fachgebiet als "graue Maus" einzustufende Kollegin nur einen Blick auf ein 50 Jahre altes schwarz-weiß Foto zu werfen brauchte, um auch die anderen 99 Wetterauer Brandgräber pauschal als "neuzeitliche Störung" und somit als Fälschung zu entlarven?! Die Professoren Wolff, Dragendorff, Heiderich und die ganze andere Phalanx der beteiligten Wissenschaftler müssen doch in ihren Gräbern rotiert haben, als in der Germania 1958 die Abhandlung "Zur Frage der Echtheit der junsteinzeitlichen "Wetterauer Brandgräber" von Gudrun Loewe veröffentlicht wurde.

Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, sei noch an folgende Episode in diesem "Fälscherkrimi" erinnert. Als auf dem "Tannenkopf" bei Butterstadt die ersten Wetterauer Brandgräber mit ihren bis dahin völlig unbekannten Steinketten freigelegt wurden und unter den Wissenschaftlern für ziemliche Aufregung sorgten, wurde in Diemarden bei Göttingen  ein bandkeramischer Siedlungsplatz ausgegraben. Wie anderenorts, fanden die Wissenschaftler, unter ihnen Prof. F.-K. Heiderich, auch hier keine Gräber. Als deshalb die Kunde von den aufsehenerregenden Funden aus der Wetterau Göttingen erreicht hatte, trat man mit der Bitte an Prof. Wolff heran, einige "Wetterauer Brandgräber" freilegen zu dürfen. Diese wurde gewährt und Ostern 1908 begannen die Göttinger an der alten "Hohen Straße" mit der Freilegung von drei Brandgräbern. Darüber berichtete Prof. Heiderich am 21. Mai 1909 in einer Sitzung des Anthropologischen Vereins Göttingen. Der Vortrag wurde im Band 41 des Korrepondenz-Blattes der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte veröffentlicht. Er ist auf unserer Hompage unter der Überschrift "Professor Heiderich als Gastausgräber" in der Rubrik "Der Fall Bausch" im Wortlaut nachzulesen. Um nun auch den Mitgliedern des Anthropologischen Vereins Göttungen ein "Erfolgserlebnis" zu bieten, fasste Prof. Heiderich den Entschluß, das letzte der von Prof. Wolff "freigegebenen" Gräber zu bergen und nach Göttingen transportieren zu lassen. Er beschreibt den Vorgang wie folgt: "Dieses Gab haben wir, um es in der Sitzung der Gesellschaft freilegen zu können, uneröffnet dem Boden entnommen. Zu diesem Zwecke wurde eine an dem unteren Rande zugeschärfter Blechkranz um das Grab herum in die Erde eingedrückt, darauf wurde das Erdreich außerhalb des Kranzes entfernt und nun ein starkes Blech unter dem Kranze durchgeschoben und so die in dem Kranze befindliche Erdmasse von der Unterlage abgetrennt. Dann wurde das Grab in eine Kiste verpackt und hierher transportierrt." Anschließend sprach Professor Max Verworn über den "Kulturkreis der Bandkeramik" mit besonderer Berücksichtigung der Ausgrabungen bei Hanau und Diemarden.

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Das in der Sitzung des Anthrologischen Vereins Göttingen freigelegte Grab aus der Wohngrube 2. Die um den Leichenbrand gruppierten durchlochten Kieselsteine sind deutlich zu erkennen Repro: Rolf Hohmann
Nach den Ausführungen Verworns wurden die anwesenden Mitglieder des Antropologischen Vereins Göttingen Zeuge einer wohl außergewöhnlichen Demonstration. Darüber wird im Korrespondenzblatt berichtet: "Nach dem Vortrage wurde in der Sitzung das noch ungeöffnet mitgebrachte Brandgrab der großen Hanauer Grube geöffnet. Es fand sich bei der auf dem Tisch vorgenommenen Ausgrabung außer dem Leichenbrand eine einfache Kette aus unverzierten Steinchen, die von je einem Loch durchbohrt an einer Schnur befestigt waren. Die Aushebung des Grabes wurde von der zahlreich besuchten Versammlung mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgt." Man sollte eigentlich annehmen, daß Prof. Heiderich beim Bergen dieses Brandgrabes eine "neuzeitliche Störung" a là Gudrun Loewe hätte erkennen  müssen. Er hatte schließlich in Diemarden Abfallgruben ausgehoben und kannte also deren Erdprofile. Schließlich wurde die Erde um den eingelassenen Blechkranz soweit entfernt, daß ein Blech untergeschoben werden konnte. Spätestens bei der "Saalveranstaltung" in Göttingen müßte jedoch dem einen oder anderen grabungserfahrenen, das Spektakel mit "gespannter Aufmerksamkeit" verfolgenden Zuschauer, Bedenken hinsichtlich der Originalität des Fundes gekommen sein. Schließlich genügte Gudrun Loewe nur der Blick auf ein 50 Jahre altes schwarz-weiß Foto, um das gezeigte Brandgrab als Fälschung zu "entlarven." Oder waren die Sinne der Göttinger Wissenschaftler angesichts dieses "Sensationsfundes" so durcheinander geraten, daß ihre Urteilskraft stark beeinträchtigt war? Sollte Georg Bausch tatsächlich der von Gudrun Loewe vermutete "Meisterfälscher" gewesen sein, hätte ihm der Gedanke, daß in Göttingen angesehene Wissenschaftler das "Ausheben" eines seiner "getürkten" Brandgräber ehrfurchtsvoll verfolgten, sicher eine diebische Freude bereitet. Vielleicht zündete er auch die Karbidlampe an seinem Fahrrad an, ist in der Geisterstunde auf den "Tannenkopf" gefahren und hat dort von der Höhe ein "homerisches Gelächter" in die Nacht erschallen lassen. Das alles ist drehbuchreif. Vielleicht findet sich ein phantasiebegabter Regisseur, der den "Fälscherkrimi" um Georg Bausch verfilmt. Dem Tagebuchfälscher Konrad Kujau hat man schließlich auch ein filmisches Denkmal gesetzt. Während jedoch dessen Coup bald nach der 1983 erfolgten Veröffentlichungen in einem Magazin aufgrund handfester Beweise aufflog, fanden die von Georg Bausch entdeckten "Wetterauer Brandgräber" als "bandkeramische Sondergruppe" Aufnahme in vielen wissenschaftlichen Werken. Erst nach 50 Jahren wurden alle Koryphäen, die keinen Zweifel an deren Originalität hegten, von Gudrun Loewe aufgrund von zum Teil auf sehr wackeligen Füßen stehenden Indizien als "Laiendarsteller" diskreditiert.

Obwohl in jüngster Vergangenheit bei der Ausgrabung jungsteinzeitlicher Siedlungen neue Erkenntnisse gewonnen wurden, die einige von Gudrun Loewe aufgestellten Fälschungs-Indizien eindeutig widerlegen, hielt es bisher kein Vor- und Frühgeschichtler für opportun, ihren Germania-Beitrag einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Sie schlossen sich vielmehr in ihren Veröffentlichungen ohne Andeutung eines Zweifels der "Überzeugung" ihrer Kollegin an. Hier zwei Beispiele: "Diese vermeintlichen Gräber sind in den Jahren zwischen 1907 und 1920 in der südlichen Wetterau, insbesondere in der Frankfurter und Hanauer Gegend in größerer Zahl aufgetreten. Inzwischen sind diese "Wetterauer Brandgräber" als Fälschungen erkannt" (Walter Meier-Arendt - Die bandkeramische Kultur im Untermaingebiet 1966). "Eine Beschäftigung mit der Problematik bandkeramischer Brandgräber kann nicht vorüber an den berühmt-berüchtigten "Wetterauer Brandgräbern", die von G. Loewe (1958) als Fälschungen erkannt wurden" (Edith Hoffmann - Zur Problematik der bandkeramischen Brandbestattungen in Mitteleuropa 1973). Basierend auf den klaren negativen Bekundungen in der Fachliteratur fielen auch die Beurteilungen in den Veröffentlichungen innerhalb des Heimatkreises aus. "Der wichtigste Fund innerhalb dieser Gräber waren Ketten aus Kieselsteinen. Diese Ketten waren es auch, die diese Gräber nach heutigem Wissensstand als Fälschung entlarvten" (Festschrift 1150 Jahre Marköbel - 850 Jahre Baiersröder Hof 1989). "Die Anfang des 20. Jahrhunderts im Untermaingebiet und besonders häufig im Gebiet des heutigen Main-Kinzig-Kreises entdeckten "Wetterauer Brandgräber" erwiesen sich in den fünfziger Jahren endgültig als Fälschung" (Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland - Hanau und der Main-Kinzig-Kreis 1994). "Bei den von dort berichteten bandkeramischen "Brandgräbern" handelt es sich, wie bei allen diesbezüglichen Fundmeldungen aus der Region, um klare Fälschungen" (Chronik Ostheim - Ein Stadtteil von Nidderau im Jahr 2000. Herausgegeben von der Stadt Nidderau).

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Mit einem Blechkranz eingefasst wurde dieses Brandgrab in einer Kiste verpackt vom Bahnhof Heldenbergen-Windecken nach Göttingen transportiert. Repro: Rolf Hohmann
Gudrun Loewe zitiert in ihrer Abhandlung K. Schumachers Vermutung, daß "die in der Wetterau so häufigen Brandgräber, die in dem nicht minder dicht besiedelten Rheinhessen bis jetzt fehlen, mit der Zeit wohl auch auftauchen werden" (Siedlungs- und Kulturgeschichte der Rheinlande 1 (1921, 39) und kommentiert: "Allein, die Hoffnungen auf weitere Funde von Brandgräbern dieser Art in der Wetterau oder anderwärts gingen nicht in Erfüllung. Seit 1920 wird kein entsprechender Grabfund mehr verzeichnet." Da Georg Bausch ab 1920 keine Ausgrabungen mehr durchführte, war dies für Gudrun Loewe ein weiterer Beweis für ihre Fälschertheorie. Ein Jahr nach Erscheinen ihres Germania-Beitrags begann in Elsloo (Südlimburg) eine Ausgrabungskampagne auf einem bereits seit längerer Zeit bekannten bandkeramischen Siedlungsplatz. Das dabei entdeckte Gräberfeld wurde 1966 eingehend untersucht und dabei 113 Bestattungen gefunden. Zur Überraschung der Wissenschaftler waren darunter 47 Brandgräber. Aufgrund der Loewe-Veröffentlichung ging man aber mit der entsprechenden Vorsicht zu Werke. Ausführlich dokumentiert hat die Ausgrabungen P. J. Modderman in seinem 1970 erschienenen dreiteiligen Werk "Linearbandkeramik aus Elsloo und Stein" und er schreibt auf Seite 70: "Im Hinblick auf die berüchtigten Wetterauer Brandgräber (Loewe 1958) haben wir das Vorkommen von bandkeramischen Brandgräbern mit Argusaugen betrachtet. Wir sind aber jetzt davon überzeugt, daß wir es mit Brandgräbern aus der Linearbandkeramik zu tun haben. Als positives Argument kann gelten, daß zwanzig Brandgräber mit bandkeramischen Beigaben versehen waren, welche aus Dechseln, Tonware und Hämatitstücken bestanden. Ein negatives Argument ist das völlige Fehlen irgendwelcher Datierungsmittel bei den Brandgräbern ohne Beigaben." Abgesehen von den Ketten aus Kieselsteinen und Schieferplättchen sowie den durchbohrten Anhängern entsprach die Fundsituation in Elsloo weitgehend den Beschreibungen der Brandgräber im nördlichen Hanauer Kreisgebiet durch Prof. Wolff und Dr. Steiner. Dies veranlasste die bereits zitierte Edith Zimmermann wohl zu ihrer "spekulativen" Überlegung im Hinblick auf die Loewe-Abhandlung: "Trotzdem stellt sich gerade im Zusammenhang mit den  Brandgräbern in Südlimburg und Mannheim-Seckenheim die Frage, ob wirklich alle in der Wetterau gefundenen Brandgräber - was den Leichenbrand betrifft - Fälschungen sind." Modderman geht in seinem Ausgrabungsbericht detailliert auf die Fundsituation der einzelnen Brandgräber ein. In der Regel gibt er an: "Dicht unter der Oberfläche liegendes Grab mit Leichenbrand." Meistens wurden Fragmente von kalizinierten Knochen und Holzkohlereste vorgefunden, aber nur geringe oder gar keine Beigaben. Der Autor erwähnt bei der Beschreibung der Körper- und Brandgräber an keiner Stelle, ob die Kulturschicht fest mit dem gewachsenen Lehmboden verbunden war oder ob sich eine scharfe Trennungslinie abzeichnete. Die Brandgräberfunde in Elsloo haben Gudrun Loewe in einem entscheidenden Punkt ihrer "Beweiskette" widerlegt. Darüber wird in einem weiteren Beitrag eingehend berichtet.  

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