Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts beherrschte der Wartbaum die
Anhöhe zwischen Windecken und Roßdorf majestätisch als
Solitär (»Einzelbaum in der offenen Landschaft oder in
Siedlungen . Da er um sich freien Wuchs hat, ist er breitkronig mit
weit ausladenden Ästen, abhängig von der arteigenen
Wuchsform. Die häufigsten Arten der Solitärbäume sind
Eichen und Linden« - Quelle: ADI private
Informatik-Akademie). Die sturmzerzauste Linde mit ihrem mächtigen
Blätterdach ist eine unverwechselbare Landmarke und von diesem
Standort aus schweifte der Blick frei zu den Höhen des Taunus, des
Vogelsberges, des Spessarts ,des Odenwaldes und über die Weiten
der südlichen Wetterau. Bei guter Sicht klar zu erkennen war die
Stadt Hanau, deren Herren von 1262-1436 auf der Burg Windeken
residierten, und von ferne leuchtete das Häusermeer der
Mainmetropole Frankfurt herüber.
Mit dieser Idylle ist es längst vorbei. Inzwischen sieht man den
Wartbaum vor lauter Bäumen nicht mehr, den in unmittelbarer
Nähe der Linde am Schnittpunkt der alten Poststraße
Hanau-Friedberg und der prähistorischen Hohen Straße
erbauten Wasserhochbehälter kann der Naturfreund nur als
»Schandmal« bezeichnen. Die neue Trasse der B 45 mit dem
Brückenbauwerk ist wohl auch nicht die glücklichste
Lösung des Problems gewesen. Wild wucherndes Gebüsch und
fragmentartig angelegte Hecken verwehren heute Wanderern den freien
Blick in die Umgebung. Aus welcher Richtung man sich dem Wartbaum
nähert,- überall wird deutlich, daß die
geschichtsträchtige Linde zunehmend im Grün erstickt. Der
einst stolze Solitär auf freier Anhöhe gleicht heute dem
gefesselten Gulliver im Lande Lilliput, der durch das um ihn herum wild
wuchernde Gestrüpp immer mehr von seiner einstigen Majestät
verliert.
Dies konstantierte auch der HR-Fernsehjournalist Josef Kirchmayer, der
dieser Tage Aufnahmen für die Reihe »Die schönsten
Bäume in Hessen« für die Samstag-Serie »Service
Natur« drehte. Die nötigen Informationen lieferte
Heimatforscher Rolf Hohmann, Vorsitzender des Geschichtsvereins
Windecken 2000. Er forderte die Verantwortlichen auf, endlich einmal
etwas für die »Entkernung« des Wartbaum-Areals zu tun
anstatt immer nur in intern Zirkeln zu debattieren und schöne
Pläne anfertigen zu lassen.
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