Die Gesamtausgaben betrugen
immerhin 729 fl (Florin=Gulden), während der Gegenwert der vom Diebesduo
entwendeten Gegenstände vom Verteidiger mit etwa 100 Gulden angegeben
worden war. Im Jahr 1681 verzeichnete die Stadt Windecken ausweislich der
Bürgermeister-Rechnung Gesamteinnahmen in Höhe von 2261 fl.
Die eigentlichen Gerichtskosten schlugen mit 378 fl zu Buche, die
"Cantzley sportuln" betrugen 18 fl. Kanzleirat Schmidt erhielt "vor gehaltene
examina benebst dabey vorgegangener bemühungen undt erstatteten bericht"
30 fl
und der "acturio von vorbedeuten examina die Protokoll zu halten und
abzuschreiben bey den Halßgerichten und executions und ufsehung der
Urtheil, auch übrige bemühungen 7 fl 22 alb (Albus). Dem "Fiscalischen
ahnwaldt" Schwindt standen 12 fl aus der Gerichtskasse zu, den beeden Geistlichen"
9fl und der Landbereiter erhielt 5 fl.
Die "Zehrungen" spielten in der sogenannten guten alten Zeit eine große
Rolle. Von den "Gerichts Persohnen" wurden "bey drey mahlig Landt=undt
Halßgerichten verzehret" an Essen und Getränken für 47
fl 16 alb, "Item durch die Maleficanten selbsten" für 16 fl, "Item
bey der Execution durch den Ausschuß der Stadt und Ambt" für
23 fl 6 alb, "Item durch die Nachrichter bey der Folter" 21 fl und schließlich
"Item alß der Marquetenter anhero gelieffert wordten zur confrontation
durch den Ausschuß 2fl 12 alb."
Die Gerichtsherren hatten natürlich auch Anspruch auf eine standesgemäße
Zehrung. So beispielsweise am 11. Februar 1681, als die Anklage gegen Meißner
und Unger erhoben wurde, "war durch die Herrn Bludt=Schöffen verzehret
24 maß wein=8fl, an Bier 6 maß=6 alb, deßgleichen an
Essen = 7 fl." Für das leibliche Wohl der gräflichen Räte,
des Anklägers, des "Defensors", der Schöffen, Kutscher, Boten,
Schreiber, der Gefängniswachen usw. sorgte ausschließlich Hans
Hoff, Wirt der Stadtschänke "Zum rothen Löwen."
Er hatte während des eigentlichen Prozesses auch die beiden Angeklagten
zu verköstigen und seine Abschlußrechnung sah so aus: "Haben
beide Malificanten vom 28ten Januar biß den 17ten Februar an Kost
und Tranck bekommen 10 fl. Item bey der Torquirung ¾ maß wein
uf das Rathhauß geholet 7 alb. Item haben sie den abend vor der execution
mit ihren Leuten verzehret 10 maß wein 3 fl 16 alb. Item an Essen
bekommen 2 fl. Item an den Warthbaum kommen 2 maß = 20 alb."
Die Henkersmahlzeit nahmen die Verurteilten in Anwesenheiut ihrer Familienanhörigen
ebenfalls in der Stadtschänke ein, und offensichtlich gab es für
Meißner, ehe sich auf dem Hochgericht am Wartbaum die Schlinge um
seinen Hals zuzog, nochmals einen Trunk.
Wer alles Gebühren für Amtshandlungen zu beanspruchen hatte,
geht aus folgender Aufstellung hervor: "378 fl an Sportuln vor die gf.
Räthe, Advocaten, procuratoren und sämbtliche persohnen, so beym
Halßgericht intereshirt sind; Item vor die Nachrichter an Zehrung
und gebühren." In diesem Betrag sind auch die Zehrungen für die
"Maleficanten" enthalten.
Das Hochgericht, an dem Georg Meißner als abschreckendes Beispiel
vor rund 320 Jahren sein Leben aushauchte, muß der "Designation derjenigen
Unkosten, welche bey Verfertigung undt ufrichtung des hohen Gerichts alhir
beym Warthbaum durch die darzu benötigten Handtwercks- undt andtere
Leuthe ufgangen" zufolge ein ziemlich imposantes Bauwerk gewesen sein. |
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Der Schreiber notierte: "Vom
29ten January biß den 7ten February ist bey Verfertigung deß
Hohengerichts durch die sämbtliche Zimmerleuthe, Wagner undt Schreinermeister,
Gesellen undt Jungen im gantzen Ambt biß in 55 Persohnen, inclusive
deßen, was die gesambte Märcker bey Außgebung deß
gehöltzes verzehret, ufgangen lauth deß Wirt zettull 234 fl
4 alb." Am 7. Februar 1681 erfolgte die Abnahme des Hochgerichts durch
den Ausschuß (Magistrat) und jedem Ratsmitglied stand für diese
Amtshandlung eine Maß Wein und ein Weck zu.
Insgesamt "18 Musquitirer" waren "bey uffrichtung des Hochgerichts gewest"
und sie verzehrten für sieben Albus Weck und Wein. Welcher äußerer
Aufwand bei der Hinrichtung des Georg Meißner Anno 1681 betrieben
wurde, erhellt folgende Eintragung: "30 Mußquitirer bey der execution
jedem 8 alb wein und weck=8 fl, dem fendrich alß officirer 1 fl 10
alb undt Gf. Landtbereiter 1 fl 15 alb." Eine Hinrichtung muß damals
einem Volksfest geglichen haben, denn "alß die execution vorgangen,
hat der Ausschuß an wein bekommen alß da die Windecker Bürger
36 maß undt so viel weck," denen aus Ostheim und Eichen standen je
sieben Maß Wein zu, die "Dorfeller" erhielten sechs Maß Wein
und ebensoviel Weck.
Rätsel gibt folgende Eintragung auf: "Bey der execution 6 Commendaten
beneben einen officirer, wo wegen strittigkeite mit den Heldenbergern beym
schlag ufwarten müßen 1 fl 18 alb."Offensichtlich wollten sich
viele Einwohner aus dem benachbarten und der Burg Friedberg zugehörigen
Dorf Heldenbergen das Schauspiel am Wartbaum nicht entgehen lassen, wurden
aber als "Ausländer"mit Gewalt am Passieren des Schlagbaums an der
Nidderbrücke gehindert. Für das Läuten des Armsünderglöckchens
erhielt der Glöckner 20 albus. Die Gesamtkosten dieses Kriminalfalls
Anno 1681 wurden anteilsmäßig auf die Amtsorte umgelegt. Windecken
und Marköbel hatten je 173 fl zu zahlen, Ostheim und Eichen je 130
fl und Dorfelden wurde mit 86 Gulden zur Kasse gebeten.
Der "scheppe Georg" hatte damals nicht den Hauch einer Chance, dem offensichtlich
bereits vorherbestimmten Todesurteil zu entgehen. Graf Friedrich
Casimir und seine Räte wollten angesichts der zunehmenden Kriminalität
als Abschreckung ein Exempel statuieren und Georg Meißner war als
Opfer auserkoren. Die Fakten sprechen eine eindeutige Sprache. So wurde
die Anklage gegen Meißner und Unger am 11. Februar 1681 erhoben und
die Urteilsverkünndiung erfolgte am 16. Februar, Doch bereits am 29.
Januar begannen die Handwerker am Wartbaum mit der Errichtung des Hochgerichts,
das am 7. Februar, also vier Tage vor der Anklageerhebung, fertiggestellt
war und vom Ausschuß abgenommen wurde. Die Zeiten, als am Wartbaum
Übeltäter, aber auch unschuldige "Hexen" am Galgen endeten, sind
längst vorbei. Wo früher die Raben um Gehenkte kreisten, werden
heute frohe Feste gefeiert - und keiner der Zecher sehnt sich nach der
"guten alten Zeit" zurück. (01.01.2001)
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