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Ausgrabungen im Römerkastell Heldenbergen
Interessierte Laien gaben den entscheidenden Anstoss
Ein dokumentarischer Rückblick
In den Jahren 1972/73 haben interessierte Laien nach Aufrufen in den
Medien ungezählte Freizeitstunden geopfert, um auf dem Gelände
des ehemaligen römischen Erdkastells Heldenbergen mit einer Rettungsgrabung
zumindest Artefakte zu retten, nachdem die zuständige Landesbehörde
sich nicht in der Lage sah, das durch genehmigte Baumaßnahmen akut
gefährdete Bodendenkmal von Fachleuten wissenschaftlich untersuchen
zu lasssen Das für das spätere Geschehen entscheidende
Engagement der freiwilligen Ausgrabungshelfer wurde jedoch von den "studierten"
Bodendenkmalpflegern in ihren Veröffentlichungen entweder überhaupt
nicht oder nur mit wenigen Worten erwähnt. Offensichtlich befürchteten
sie, daß die entscheidende Vorreiterrolle interessierter Laien bei
diesem Vorhaben ihrem Image schaden könnte. Initiator der Ausgrabungen
in Heldenbergen war der freie Journalist, Heimatforscher und Amateurarchäologe
Rolf Hohmann. Er ist der Auffassung, daß erst durch seine permanenten
und eindringlichen Forderungen nach Eingreifen des zuständigen Landesamtes
eine wissenschaftlich fundierte Untersuchung des römischen Platzes
Heldenbergen zustande kam. Um diese Behauptung zu belegen und die Aktivitäten
der ehrenamtlichen Ausgrabungshelfer ins rechte Licht zu rücken, hat
Rolf Hohmann nach sorgfältigem Studium seines mit dem Landesarchäologen
und anderen Behörden geführten Schriftwechsels und seiner Tagebuchaufzeichnungen
eine Dokumentation erarbeitet, die der Geschichtsverein Windecken
2000 nunmehr auf seiner Homepage der interessierten Öffentlichkeit
zur Kenntnis gibt.
Ein Amateurarchäologe leitet wissenschafltiche Untersuchung
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© GVW 2000 |
Landesarchäologe Professor Schoppa und Rolf Hohmann
am 28. Juli 1972 an der "Urgrabung" auf dem Acker Fuhr |
Ende 1982 ist das Buch "Die Römer in Hessen" erschienen. Als Mitherausgeber
zeichnet Dr. Fritz-Rudolf Herrmann verantwortlich, Leiter der Abteilung
für Vor-und Frühgeschichte im Landesamt für Denkmalpflege
Hessen. Auf den Seiten 450-455 beschreibt der Archäologe Dr. Wolfgang
Czysz die Ergebnisse der von ihm in den siebziger Jahren geleiteten Ausgrabungen
im Bereich des "Römischen Militärlagers und Vicus" in Heldenbergen.
Er führt unter anderem aus: "Die in den frühen siebziger Jahren
rasch umgreifende Ortserweiterung machte eine erste Rettungsgrabung (G.
Rupprecht) erforderlich; 1975 bis 1979 schlossen sich umfangreiche Ausgrabungen
an, die mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft durchgeführt
wurden." Nun war sowohl Dr. Czysz als auch Dr. Herrmann bekannt, daß
die erste und für den weiteren Gang der Dinge alles entscheidende
Notgrabung bereits ein Jahr früher durchgeführt wurde. Im Mitteilungsblatt
des Hanauer Geschichtsvereins (Neues Magazin für Hanauische Geschichte),
Ausgabe 1973, wird sie wie folgt erwähnt: "Am 5. August 1972 begannen
auf dem Gelände des ehemaligen Erdkastells Heldenbergen Ausgrabungen,
die von dem Amateurarchäologen Rolf Hohmann, Nidderau/Windecken, geleitet
werden." Am 5. August 1972 bestätigte der damalige Kreisbeauftragte
für Bodendenkmalpflege, Dr. Karl Dielmann, daß diese Ausgrabung
"im Einvernehmen mit dem Landesarchäologen von Hessen, Prof. Dr. Helmut
Schoppa" stattfinden, und Hohmann vom zuständigen Landesbeamten offiziell
"mit der Leitung von archäologischen Untersuchungen im Bereich des
römischen Kastells Heldenbergen betraut" worden sei. Die Grabungsleitung
der leider von keinem Fachmann ständig beaufsichtigten Ausgrabung
oblag mir immerhin ein Jahr. Aufgrund der in allen Medien veröffentlichen
Berichte über die außergewöhnlichen Vorgänge in Heldenbergen,
meldete sich eine große Zahl freiwilliger Helfer aus dem Großraum
Hanau-Frankfurt-Gießen. Sie bargen innerhalb eines kurzen Zeitraums
zentnerweise Artefakte, darunter viele interessante und wertvolle Stücke.
Diese große Funddichte und das zunehmende Interesse der Öffentlichkeit
an der Rettungsaktion in Heldenbergen zwangen die Verantwortlichen in Wiesbaden
nach zweijähriger Untätigkeit endlich zu handeln. Auch als die
Grabungsleitung im Juni 1973 an den Archäologen Dr. Gerd Rupprecht
überging und ich damit mein seit 1970 beharrlich verfolgtes Ziel erreicht
hatte, waren die Mitglieder der von mir im September 1973 gegründeten
"Archäologischen und volkskundlichen Arbeitsgemeinschaft südliche
Wetterau" (Wetterau AG) und andere interessierte Laien bis zum Ende der
wissenschaftlichen Untersuchungen auf dem Grabungsgelände aktiv und
halfen auf ehrenamtlicher Basis mit, wichtige Befunde zu sichern und wertvolle
Funde zu bergen, die sonst unwiderruflich verloren gegangen wären.
Es erhebt sich deshalb die Frage, weshalb Dr. Cysz 1982 in seinem erwähnten
Buch-Beitrag die von interessierten Laien von Juli 1972 bis Juli 1973 mit
ausdrücklicher Billigung des Landesarchäologen durchgeführten
ersten "archäologischen Untersuchungen" unerwähnt ließ.
Das Autorenehepaar Renate und Armin Schmid, ebenfalls Laien auf dem
Gebiet der Archäologie und deshalb im Denken nicht so beengt
wie Fachleute, hat dagegen in seinem Buch "Die Römer an Rhein und
Main" das Engagement der Amateurarchäologen in Heldenbergen angemessen
beschrieben. In der 1973 erschienenen zweiten Auflage gingen sie mit immerhin
zwanzig Zeilen auf deren Rettungsgrabung ein. Von den hauptamtlichen Archäologen
ist noch nicht die Rede, denn sie betraten die "Arena" erst nach Erscheinen
des Buches. Wäre keine Fortschreibung erfolgt, hätte der nichtinformierte
Leser den Eindruck gewinnen müssen, daß die Ausgrabungen im
Bereich des einstigen Römerkastells Heldenbergen ausschließlich
von Laien durchgeführt wurden.
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