Nulla dies sine linea
Geschichtsverein Windecken 2000

 

 
Archiv
Home
Gnade für Unger
Auf Bitten der beiden Schöffen erließ also der gräfliche Rat Schmiden dem Unger die Auspeitschung, doch er wurde unverzüglich der Grafschaft verwiesen, ohne Hoffnung, wieder in seine Heimat zurückkehren zu dürfen. Dies war damals eine harte Strafe, denn wer wollte schon einen verurteilten und "auf ewig" verbannten Dieb bei sich aufnehmen?

Das über den "scheppen Georg" verhängte Urteil hat folgenden Wortlaut: "In Peinlichen sachen deß hochgebohrenen Grafen undt Herren, Herrens Friedrich Casimirs, verordneten Peinlichen Anklägers an einem, entgegen und wider Georg Meißnern, bisherigen nachbahrn zu Ostheimb, Peinlich Beklagten andteren theils vielfältig begangener undt reiterirter Diebstahle betreffend, wirdt hiermit uf beschehne Peinlich Anklag antwortt kundt allem gerichtlichen vorbringen, auch deß angeklagten selbst eigenem geständnüs, durch die urtheile undt Schöffen dieses löblichen Landt- undt Peinlichen Halßgerichts zu Recht erkandt, waß Peinlich angeklagter Georg Meßner wegen denen von ihm eingestandtener reiterirter Diebstehlen ihm selbsten zu wohl verdienter Straffe und andteren zum abscheulichen Exempell vom Leben zum todt hingerichtet werden solle, gestalten wir ihn hirzu condemniren undt verdammen von Rechts wegen."

Einen Tag nach der Urteilsverkündung wurde dem Windecker Oberschultheißen Johannes Ludwig Janus folgende Anweisung der Hanauer Kanzlei überbracht: "Demnach der Hochgebohren unßer Gnd. Herrschafft, aus denen Inquisitions actis, des zu Windeken gefangenen Georg Meißners, wie auch Hannß Georg Ungers, unterthänigste Relation erstattet, auch nach rechtlicher Überlegung der Sachen und der Peinlich Beklagten selbst eigenem Geständnüß, die Urtheil dahin abgefaßet worden, 
 

daß zuvor eingangs bemelter Georg Meißner wegen denen so vielfältig begangenen reiteriten Diebstählen, nächstkünfftigen Freytag, den 18ten dieses, vom Leben zum todt hingerichtet, Hannß Georg Unger aber nach abzuschwörender urphed des Lands verwiesen werden soll. Alß hat der Oberschultheiß zu Windecken, Johann Ludwig Janus, den würcklichen Anstalt dahin zu verfügen, damit diese Execution durch den allhiesigen Scharpffrichter allvollzogen, und dem urtheil nachgelebt werden möge. Wonach er sich zu richten. Hanaw d. 17ten February 1681. Cantzley daselbst."

Dieser Verordnung ist folgender Nachsatz angefügt: "Es hat auch Oberschultheiß die verfügung zu thun, daß solche gefangene sobald in das Würthshaus gebracht, und daselbsten dem herkommen nach mit Speiß und tranck, wie auch Zuspruch der Geistlichen versehen mögten." 

Am nächsten Morgen führte man den "Ertzdieb" unter dem Wimmern des Armsünderglöckleins zum Galgen, wo der Scharfrichter das von Graf Friedrich Casimir und seinen Räten für erforderlich gehaltene "abscheulich Exempell" statuierten und den Deliquenten "vom Leben zum todt" beförderte. Über den genauen Ablauf der Hinrichtung auf der Wartbaumhöhe gibt es keine Aufzeichnungen. Die durch diesen Kriminalfall entstandenen Kosten sind indessen auf Heller und Pfennig in der "Specification der Unkosten bey Ufbawung deß Hohen Gerichts alhir beym Warthbaum, deßgleichen bey Inhafftirung der Maleficanten Hanß Georg Ungers undt Ggeorg Meißnern, wovon der letztere gehencket, der erste aber deß landts verwießen wordten, an Gerichtskosten nebst Sportuln ufgang" detailliert aufgelistet.
 

<< Zurück . Weiter >>
©  Geschichtsverein Windecken 2000
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Vereins.