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Windecken in der Literatur

Ich bin ein grober Wetterauer

Windecken war bis 1436 Residenz der Herren (ab 1429 Reichsgrafen) von Hanau und wird im hohen Mittelalter nur in amtlichen Dokumenten wie Protokollen, Rechnungen, Verträgen, herrschaftlichen Erlassen usw. erwähnt. Erstmals tritt uns der Ortsname in einem literarischen Werk Mitte des 16. Jahrhunderts entgegen. Um 1500 wurde neueren Forschungen zufolge in Bruchenbrücken Erasmus Alber(us) geboren, der neben seinem bekanntesten Werk "Buch von der Tugend und Weisheit" zahlreiche gereimte Fabeln, geistliche Lieder und satirische Prosa verfaßte. 

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Wappen der Stadt Windecken. Von 1276 - 1496 auch Wappen der Herren und Grafen (ab 1429) von Hanau
Repro: Rolf Hohmann
In der Vorrede zur ersten Ausgabe seines Fabel-Buchs schrieb er 1534  im Hinblick auf seine Sprache entschuldigend: "Denn ich bin ein grober Wetterauer, dem die Zung nit wohl geschliffen ist." Der streitbare Theologe (Ein hitzköpfiger Eiferer für das starre Luthertum. Zitat aus: Brockhaus' Konversations=Lexikon von 1893) war zuletzt Generalsuperintendent zu Neubrandenburg, wo er 1553 starb. In seiner "Kurzen Beschreibung der Wetterau" von 1552 (neu herausgegeben im Frankfurter Verlag Waldemar Kramer) schreibt Erasmus Alberus: "Der Graf von Hanau hat diese Städte: Hanau, Winnecken, Bergen, Hochstadt, Urba, Nauheim, Steinau, Schlüchtern. Diese zwei letzten liegen außer der Wetterau. Hanau ist eine feste Stadt und hat ein schönes Schloß. Winnecken hat ein fein Schloß, lustig anzusehen. Zu Steinau ist auch ein schönes Schloß. Viel guts Weins wächst im hanauischen Lande." Die Beschreibung schließt mit den Worten: "Dies habe ich geschrieben der Wetterau, meinem Vaterlande, zu Ehren, daß die Inwohner GOTT danken und loben um das schöne gute Land, als er ihnen gegeben hat. AMEN."
 


Ist in eine elende Wüsteney geraten

Erasmus erlebte die unruhigen Zeiten der Bauernkriege mit; doch der rund 100 Jahre später
in der Mitte Europas wütende Dreißigjährige Krieg war weit schrecklicher und ließ ganze Landstriche veröden. Auch das zuvor blühende Hanauer Land litt hart und in der "Topographiae Hassia et REGIONUM VICINARUM. Das ist Beschreibung und eygentliche Abbildung der vornehmsten Stätte und Plätz in Hessen. Zum Truck verlegt von denen Merianischen Erben im Jahre MDCLV" heißt es über Windecken:

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Burgtor vom Schloßhof aus gesehen. Zeichnung von Dr. Usener um 1824
Repro: Rolf Hohmann
"Windecken/Winnicken/oder Winnicker/so alles ist eins/ist hiebvor ein sehr feines Stättlein gewesen/mit einer Ringmauer umbgeben: Ligt aber jetzunter fast auff die Helfte in der Aschen/und ist in eine elende Wüsteney/und Einöde geraten. Es hat vor diesem eine schöne Burg darinnen/und solche seine vornehmen Burg Mannen und Gebräuch/fast gleich wie Friedberg/Gelnhausen/Staden/und dergleichen gehabt. Ist Hanawischer Bottmässigkeit/ein Meyl von Hanaw/zwo Meylen von Franckfurt/und zwo Meylen von Friedberg gelegen. Hatte vorhin auch einen feinen Weinwachs/gute Ackerfelder/auch Gewäld/und dergleichen Nahrungsmittel/so aber jetztunter sehr ligt. Das Wasser darbey heisset die Nidder. Im Wintermonat des 1646ten Jahres/haben die Völcker vom Schmidbergischen Regiment dieses Stättlein Windeck/so damals mit etlich Hessen-Casselische Knechten/als eine Salvaguardi/belegt gewest/überstiegen/unnd was von vielen Dorffschafften/an Viehe/unnd anderen Sachen/dahin geflehnet worden/hinweg genommen; wie im 6. Theil deß Theatri Europaei stehet."

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