Die Ölscheichs waren den Römern wohlgesonnen
Das Engagement der Laienausgräber verfolgte besonders der Landtagsabgeordnete
Walter Korn (Dörnigheim) mit sehr großer Aufmerksamkeit. Ihm
bin ich zu besonderem Dank verpflichtet, denn er hat durch mehrere parlamentarische
Initiativen dazu beigetragen, daß sich die Landespolitiker
mit den Vorgängen auf dem Kastellgelände in Heldenbergen beschäftigen
mußten. So bat er die Hessische Landesregierung mit einer kleinen
Anfrage um Auskunft darüber, welche Möglichkeiten zur Finanzierung
der inzwischen begonnenen wissenschaftlichen Untersuchung bestünden
"und ob es eine Chance gebe, die Bauarbeiten zu verzögern, bis die
Ausgrabungen beendet seien" (Hanauer Anzeiger v. 28. August 1973). In seiner
Antwort habe der Kultusminister betont, daß auch das Land Hessen
die archäologischen Arbeiten in Heldenbergen für sehr bedeutsam
halte.
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Eine frustierende Arbeit für die freiwilligen Helfer: Als Folge
der Untätigkeit des Landesamtes mußten sie nach Beginn der Kanalbaumaßnahmen
hinter dem Bagger herlaufen, um die zutage kommenden Artefakte zu bergen |
Dem vom Landesarchäologen vor einiger Zeit aufgestellten Kostenvoranschlag
zufolge, seien zunächst Mittel in Höhe von DM 70 000 Mark erforderlich.
Dies stünden nunmehrûzum Teil überplanmässig-zur Verfügung.
Abschließend heißt es in dem HA-Beitrag: "Wie der Initiator
der Ausgrabungskamapagne, Rolf Hohmann, auf Anfrage sagte, sei er sehr
erfreut, daß nun das Geld bewilligt worden sei. Er hoffe zudem, daß
durch die verringerte Bautätigkeit die Ausgrabungen so lange
andauern können, bis alle wesentlichen Zeugen der vergangenen Kultur
gerettet werden können." Die nur noch schleppend durchgeführten
Erschließungsmaßnahmen waren auf die damaligen Ölkrise
zurückzuführen, die sich trotz aller negativen Auswirkungen für
das Ausgrabungsprojekt "Römerkastell Heldenbergen" als Glücksfall
erwies.
An dieser Stelle möchte ich dem leider nur kurz amtierenden kommissarischen
Landesarchäolgen Dr. Jorns meine Hochachtung bezeugen, denn er setzte
sich couragiert für eine wissenschaftliche Ausgrabung ein, war ständig
in Heldenbergen präsent und würdigte das Engagement der Laienhelfer
in angemessener Form. Am 1. September 1973 trat der neue hessische Landesarchäologe,
Dr. Fritz-Rudolf Herrmann, sein Amt im Biebricher Schloß an. In ihn
setzte ich große Hoffnungen, die aus meiner Sicht bezüglich
seines Verhältnisses zu den Amateurarchäologen letztlich
enttäuscht wurden.
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Entspannende Strickpause einer Helferin auf dem freigelegten Fundament
eines größeren römischen Gebäudes am Firmengelände
Hild |
Die Gründung der von mir seit längerer Zeit geplanten "Archäologischen
und volkskundlichen Arbeitsgemeinschaft südliche Wetterau" mit Sitz
in Nidderau, erfolgte am 28. September 1973. Die Mitglieder der "Wetterau
AG" führten ihre Ausgrabungen parallel zu den wissenschaftlichen
Untersuchungen der hauptamtlichen Archäologen bis zum Ende der Kampagne
im Jahr 1979 fort. Die erste Grabung der Wetterau AG erfolgte am 20. Oktober
1973 mit der Untersuchung der im Südwesten des Baugebiets entdeckten
neolithischen Siedlungsreste. Da aufgrund der Bauplanung abzusehen war,
daß mit den zunächst zu erwartenden Mitteln nur ein relativ
kleiner Teil des Vicus wissenschaftlich untersucht werden konnte, bat ich
den Landesarchäologen, die dafür vorgesehenen Areale exakt festzulegen.
Dies geschah am 26. Februar 1974 und ich übertrug die von Dr. Herrmann
bezeichneten Flächen auf die von Georg Wolff angefertigte Karte. Seine
gegebene Zusage, daß die Amateurarchäologen im übrigen
Bereich des römischen Platzes Heldenbergen freie Aktivitäten
entfalten könnten, hat der Landesarchäologe leider nicht eingehalten.
In seinem Schreiben vom 16. Mai 1974 bestätigte mir Dr. Herrmann,
"daß Ihre Forschungs-und Ausgrabungsarbeiten in Heldenbergen und
dem Gebiet der südlichen Wetterau in enger Zusammenarbeit, unter ständiger
Überwachung und mit Zustimmung des Landesarchäologen durchgeführt
werden"
Da sich bereits zu diesem Zeitpunkt abzeichnete, daß die erhofften
Finanzmittel der öffentlichen Hand zur Weiterführung der wissenschaftlichen
Untersuchung im laufenden Jahr nicht mehr zu erwarten waren, startete ich
eine erneute Spendenaktion. Bereits im April 1974 hatte mir die Stadt Nidderau
DM 3000,- für die Anschaffung einer Ausstellungsvitrine zur Verfügung
gestellt. Wiederum griffen Kreisausschuss, Banken, Firmen, Geschäftsleute
und Privatleute in ihre Schatullen, um vor dem drohenden Einsatz von Baggern
Kulturgut der einstigen römischen Okkupanten vor der endgültigen
Vernichtung zu retten. Die in den Medien veröffentlichten Appelle,
sich an den Rettungsaktionen in Heldenbergen aktiv zu beteiligen, fanden
ein großes Echo.
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Eine weitere Collage mit Presseausschnitten: Nidderauer Anzeiger (25.
August 1972), FAZ (28. August 1972) und Bunte Illustrierte (Juli 1973) |
Obwohl sich die Erschließungsmaßnahmen infolge der Ölkrise
erheblich verzögerten, rissen die Bagger bei den Kanalbauarbeiten
jede Woche große Lücken in den geschichtsträchtigen Boden.
Den Helferinnen und Helfern blieb weiter nichts übrig, als hinter
ihnen herzulaufen und die zutage geförderten Artefakte zu bergen.
Über die prekäre Lage informierte ich den neuen Landesarchäologen
mit Schreiben vom 26. Juli 1974: "Auf dem Kastellgelände sind infolge
der Bautätigkeit z.Zt. nur Fund-Bergungsarbeiten im Gang. An eine
Flächengrabung und Fortsetzung der begonnen ist im Augenblick und
auch für die nächste Zeit nicht zu denken. Wenn Sie noch etwas
für die Wissenschaft tun wollen, müssen Sie sich beeilen." Die
ganze Misere, in der sich das Ausgrabungsprojekt Mitte 1974 befand, offenbart
das Schreiben des Landesarchäologen vom 9. August: "Im Kastell Heldenbergen
können wir vorerst nicht tätig werden, da das beantragte Geld
noch aussteht und zudem kein geeigneter Ausgräber zur Verfügung
steht. Die inzwischen eintretenden sicher schweren Zerstörungen sind
leider von uns nicht zu verhindern und auch nicht zu verantworten." Nicht
nur Politiker haben schwer an "Altlasten" zu tragen.
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