Ausstellung "Archäologie als Hobby" war ein großer Erfolg
Da die Bevölkerung unverändert großes Interesse an
den Laien-Ausgrabungen zeigte, plante ich am 28. September 1974 auf dem
Kastellgelände unter dem Motto "Archäologie als Hobby" eine informative
Ausstellung. Zelte dafür stellte uns auf Vermittlung von Hauptfeldwebel
Weisenstein die Bundeswehreinheit Kilianstädten zur Verfügung
und es stand uns weiter der Verkaufsraum einer stillgelegten Tankstelle
für die Präsentation der wichtigtsen Funde zur Verfügung.
Da die Besucher die vielbefahrene Bundesstraße 45 zu überqueren
hatten, mußte ich für eine relativ hohe Deckungssumme eine Tagesversicherung
abschließen. Das riß ein großes Loch in die ohnehin nur
mager gefüllte Kasse der Amateurarchäologen. Die Schirmherrschaft
dieser außergewöhnlichen Ausstellung hatte Fritz Freiherr von
Leonhardi übernommen, ebenfalls ein großer Förderer der
Laien-Ausgrabungen. Über dieses Ereignis und das abschließende
"Kastellfest" berichteten Presse und Fernsehen ausführlich. Alle Gäste,
darunter auch der Staatsbeauftragte und spätere Landrat Hans Rüger,
die Landtagsabgeordneten Christiane Uhlhorn und Walter Korn, würdigten
in ihren Redebeiträgen das Engagement der Amateurarchäologen
und sagten weitere Unterstützung zu. Gegen Ende des Jahres 1974 kam
die Zusage der Deutschen Forschungsgemeinschaft, eine umfangreiche wissenschaftliche
Ausgrabungskampagne in Heldenbergen zu finanzieren.
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Was eine gute Archäologin werden will, sucht schon früh
Bodenkontakt |
Als Leiter war der junge Archäologe Dr. Wolfgang Czysz vorgesehen,
der sich der "Wetterau AG" im Februar 1975 vorstellte. Den versammelten
Mitgliedern erklärte er, "daß der sogenannte "Vicius" des römischen
Platzes Heldenbergen nicht in die Untersuchungen einbezogen wird." Dies
bleibe bis auf weiteres den Aktiven der Arbeitsgemeinschaft vorbehalten,
die in den nächsten Jahren von ihm in Grabungstechnik, Vermessungskunde
und dem fachmännischen Erfassen von Artefakten unterwiesen würden
(Hanauer Anzeiger vom 22. Februar 1975). Als Dr. Czysz am 12. Mai 1975
mit seiner Arbeit begann war ihm angesichts der Lage klar, daß er
sich mit den im Bereich "Allee Nord" tätigen Bauunternehmen arrangieren
mußte, um überhaupt zu verwertbaren Ergebnissen zu gelangen.
Obwohl nach der ursprünglichen Planung Ende 1975 bereits
der größte Teil des Kastellbereichs bebaut sein sollte, gewährte
die Ölkrise dem Archäologen eine unverhoffte Gnadenfrist. Schon
zu Beginn des Jahres war den Nidderauer Kommunalpolitikern klar geworden,
daß die ursprünglich vorgesehene "verdichtete Bauweise" mit
mehrstöckigen Wohnblocks aufgrund der fehlenden Nachfrage nicht realisiert
werden konnte. Die Änderung des beschlossenen Bebauungsplans kündigte
Bürgermeister Willi Salzmann bereits im Mai 1975 in der Stadtverordnetensitzung
an und im Juni wurde folgender Beschluß gefasst: "Aus den genannten
Gründen beauftragt die Stadtverordnetenversammlung den Magistrat,
einen Änderungsentwurf zum Bebauungsplan für das Baugebiet "Alle
Nord" zu erstellen." Die vorgesehenen Änderungen waren so gravierend,
daß die Neuplanung geraume Zeit in Anspruch nahm und deshalb die
Erschließungsmaßnahmen vorübergehend ganz zum Erliegen
kamen.
Dieses "Wunder" versetzte Dr. Csysz und sein Grabungsteam in die Lage,
größere zusammenhängende Flächen, auch im Bereich
des vicus, eingehend zu untersuchen. So ist es letztlich den Ölscheichs
im Morgenland zu verdanken, daß die wissenschhaftlichen Ausgrabungen
in Heldenbergen, trotz aller haarsträubenden Versäumnisse der
hessischen Bodendenkmalschützer in den Jahren 1970 bis 1972, doch
noch wichtige Befunde erbrachten und wertvolle Funde gesichert werden konnten.
Unendliche Geschichte um den Grabungsbericht
Mit der Aufzeichnung vorstehender Nachbetrachtung der Ereignisse in
Heldenbergen habe ich bereits zwei Jahre nach Beendigung der wissenschaftlichen
Untersuchungen auf dem Kastellgelände im Jahr 1979 begonnen. Weitgehend
abgeschlossen war sie 1988. Von ehemaligen Ausgrabungshelferinnen und Helfern
bin ich immer wieder gefragt worden, wann endlich der obligatorische und
von höchster Stelle mehrmals fest zugesagte Abschlußbericht
über die Ergebnisse der Ausgrabungskampagnen herausgegeben wird.
Auf eine vom Landtagsabgeodneten Walter Korn am 23. November 1979 an
die Hessische Landesregierung gerichteten Kleinen Anfrage antwortete der
damalige Kultusminster Krollmann am 16. Februar 1980: "Die wissenschaftliche
Veröffentlichung über die Ausgrabungen in Heldenbergen, die vom
Landesamt für Denkmalpflege Hessen mit Unterstützung der Deutschen
Forschungsgemeinschaft durchgeführt worden sind, wird in etwa zwei
Jahren in der Reihe "Limesforschungen" erscheinen." Als dieser Termin ohne
Erscheinen des Berichts verstrichen war, hakte MdL Walter Korn nach. Im
Mai 1983 teilte ihm Staatssekretär Dr. Vilmar mit "daß die Ausgrabungsergebnisse
der ehemaligen römischen Siedlung Heldenbergen, um die sich der Nidderauer
Amateurarchäologe Rolf Hohmann besondere Verdienste erworben hat,
im Druckprogramm 1984/85 der Römisch- Germanischen Kommission in Frankfurt
am Main (Herausgeber der Reihe "Limesforschungen") veröffentlicht
werden."
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Einen von den Hobbyarchäologen freigelegten Töpferofen wollte
ein Liebhaber bergen und in seinem Garten aufstellen. Das aufwendig vorbereitete
Unternehmen misslang. Beim Anheben entstand ein durchgehender Riss, der
schließlich zum Auseinanderfallen dieses Reliktes aus der Römerzeit
führte |
Da die Verantwortlichen in Wiesbaden wieder nur "heiße Luft" produziert
hatten, bat ich Anfang Januar 1987 den Nidderauer Bürgermeister Willi
Salzmann,
bei der nunmehr zuständigen Ministerin Dr. Vera Rüdiger
eine Stellungnahme anzufordern. Ihre Antwort bedarf keines Kommentars:
"Das Landesamt für Denkmalpflege Hessen ist seit Jahren sehr intensiv
bemüht, Herrn Dr. Czysz zur Abgabe des überfälligen Grabungsberichtes
zu veranlassen. Da keine direkte Form der Einwirkung möglich ist,
kann zu meinem Bedauern auch keine zuverlässige Prognose abgegeben
werden, wann mit der Abgabe zu rechnen sein wird." Auf eine entsprechende
Anfrage antwortete Dr. Manfred Briegel von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
mit Schreiben vom 26. März 1991: "Es ist durchaus auch aus der Sicht
der DFG-in höchstem Maße zu bedauern, daß die Ergebnisse
dieser Grabung noch nicht in einer angemessenen wissenschaftlichen Publikation
vorgelegt worden sind. Die DFG hat allerdings keine Möglichkeit, in
dieser Hinsicht auf Dr. Herrmann als den damaligen Projektleiter oder auf
Dr. Czysz als den verantwortlichen Grabungsleiter einzuwirken."
In den Folgejahren versuchte ich unter diese "unendliche Geschichte"
durch zum Teil aggressive Schreiben und Pressebeiträge einen Schlußpunkt
zu setzen. Mit immer wieder neuen Begründungen kaschierten die Verantwortlichen
jedoch ihr Unvermögen, den längst überfälligen Bericht
nach so vielen Jahren endlich der Öffentlichkeit vorzulegen. Auch
zu Beginn des neuen Jahrtausends warteten die vielen Laienhelfer immer
noch darauf, endlich nachlesen zu können, wofür sie sich in den
siebziger Jahren sosehr eingesetzt hatten. Ich hielt es deshalb für
angemessen, auch nach so langer Zeit nochmals an das Engagement von Laien
zu erinnern, das letztlich Auslöser für die wissenschaftlichen
Untersuchungen auf dem römischen Platz Heldenbergen war.
Im Mai 2001
Rolf Hohmann
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"I am the champion!" Rolf Hohmann in "Cäsarenpose" auf dem Ausgrabungsgelände.
Es fehlt nur noch der Lorbeerkranz, den er eigentlich aus Wiesbaden erwartet
hatte (Difficile est sátiram non scribere - Juvenal, etwa 60-140
n.Chr.) |
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