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Geschichtsverein Windecken 2000

 
Orte im Wandel
"650 Jahre Stadt Windecken" anno 1938
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Die 650 Jahr Feier der Stadt Windecken anno 1938

Windecker Festtage - ein Fest für den ganzen Kreis
650-Jahrfeier der Verleihung des Stadtrechts in der einzigen Stadt des Landkreises Hanau


Das reizvolle Städtchen Windecken am nördlichen Rand des Landkreises Hanau hat die 650. Wiederkehr des Tages, an dem der Ort einst durch in Basel ausgestellte königliche Urkunde vom 5. August 1288 "dieselben Freiheitsrechte, deren sich Unsere Bürgerschaft Frankfurt erfreut," und ein Wochenmarkt dazu bewilligt worden waren, in glanzvollen Jubiläumstagen gefeiert.

Am Sonnabendnachmittag wurde mit einer festlichen Ratssitzung, in der Bürgermeister Muth auf die geschichtliche Bedeutung des Tages der Verleihung der Stadtrechte für Windecken hinwies und zugleich festgelegt wurde, daß künftig weiterhin am Jahrestage der Verleihung eine Ratssitzung stattfinden soll, die Festveranstaltung eröffnet. Wenig später rückte auf dem mit Fahnen und Girlanden reich geschmückten Marktplatz die Stadtwache in alten Uniformen an, die während des Verlaufes der drei Festtage vor dem Rathaus und an den historischen drei Stadttoren ihren Dienst versah. In der Schule fand die Eröffnung einer überaus sehenswerten Heimatausstellung statt, die eine ausgewählte Menge Ausgrabungsschätze aus vorgeschichtlicher bis in die Römerzeit enthält und in ihren weiteren Abteilungen Zeugnisse der Entwicklungsgeschichte des Gemeinwesens bis in die jüngste Zeit aufweist.

Nach einem durch die ganze Stadt führenden Fackelzug in den Abendstunden wurde schließlich auch der Volksfestplatz eröffnet, auf dem sich alsbald reges Leben und Treiben entwicklte. Im Festzelt fand unter starker Anteilnahme der Bevölkerung eine allgemeine Eröffnungsfeier statt, bei der der Bürgermeister in einem Rückblik die Geschichte Windeckens darstellte. Landrat und Polkizeidirektor Löser übermittelte hier die Grüße des Kreisleiters und des Regierungspräsidenten und sprach der einzigen im Landkreis Hanau gelegenen Stadt, der er zugleich ein großes Führerbildnis als Jubiläumsgabe überreichte, seine Wünsche für die weitere Entwicklung aus.

Am Sonntag als dem Hauptfesttag war Windecken schon von den Vormittagsstunden ab der Treffpunkt tausender Männer und Frauen aus der ganzen Umgebung. Nach einer Totengedenkfeier auf dem Friedhof und der Kranzniederlegung am Ehrenmal fand für die heute außerhalb der Heimatstadt ansässigen und zum Fest gekommenen Windecker in der "Hochmühle" eine besondere Feierstunde statt.

Bei herrlichem Sommerwetter setzte sich bald nach Mittag der reich gestaltete Festzug durch die Straßen der Stadt in Bewegung.

Auf der Ehrentribüne hatte sich inzwischen Kreisleiter Else zur Teilnahme an der Festveranstaltung eingefunden und mit ihm neben Männern der Kreisleitung die Vertreter staatlicher Behörden. In einstündigem Zuge führte Windecken seinen nach tausenden zählenden Gästen, die dichtgedrängt die Feststraßen umsäumten, sein Leben in Vergangenheit und Gegenwart vor. Eine Fülle prächtig gelungener Gruppen war in liebevoller Weise zusammengestellt worden, und sie alle zusammen ergaben ein ebenso freundliches wie eindrucksvolles Bild. Mit lebhaftem Beifall wurden die einzelnen Gruppen empfangen und die starke Wirkung, die diese dargestellte lebendige Heimatgeschichte hervorrief, findet ihre beste Bestätigung darin, daß sich die Stadt Windecken entschließen mußte, am gestrigen Nachmittag den Festzug vor wieder einer großen Menge Fremder zu wiederholen. Am Anschluß an den Festzug, der sich vor dem Festplatz auflöste, fand das Volksfest seinen Fortgang, das durch den in den späteren Nachmittagsstunden zeitweise aufkommenden Regen kaum beinflußt wurde.

Am gestrigen dritten Festtag pflanzte die Stadt auf der Bleiche an Stelle der vor wenigen Wochen aus Sicherheitsgründen umgelegten über dreihundertjährigen Linde und zum Gedenken an den jetzt begangenen Jubiläumstag eine junge Linde, die in die Obhut des Gemeinwesens kommenden Geschlechtern Zeugnis vom jetzigen Geschehen ablegen soll. 

Der Montagnachmittag war im Anschluß an den wiederholten Festzug der Windecker Jugend gewidmet, die mit Singspielen, Volkstänzen und Wettspielen die Stunden verbrachte. Seinen Ausklang fand die Windecker 650=Jahrfeier am Montagabend mit einem gut gelungenen Feuerwerk, das durch die während aller drei Tage durchgeführten Anstrahlung der650 Türme der alten Stadtmauer eine ansprechende Umrahmung erhalten hat.

Der schöne Verlauf der Windecker Festtage mit ihrem für die kleine Stadt sonst wohl ungewohnten Verkehr hat in keiner Weise irgendeine Störung erfahren. Die örtlichen Polizeibeamten hatten wegen der Lage des Marktplatzes an den Hauptverkehrswegen durch die Stadt auch viel zu tun, aber dank ihrer Umsicht konnte eine reibungslose Abwicklung des Massenbetriebes erfolgen. Wir haben Windecken verlassen in dem Bewußtsein, eine erfreuliche, gut vorbereitete unfd erfolgreich durchgeführte Heimatveranstaltung erlebt zu haben, die dem Anlaß des Festes würdig war.

Hanauer Stadtblatt
9. August 1938