X. Ein Beitrag zur Windecker Familienkunde
Im "Hanauischen Magazin", Monatsblätter
für Heimatkunde, 1931, Nr. 4/5, Seite 26-37, ist unter dem Titel "Familiengeschichtliches
aus dem Windecker Kirchenbüchern", ein Aufsatz von stud. med. Erika
Henß, Windecken, erschienen, dem zum Teilk wörtlich einiges
entnommen wird. - Die Windecker Kirchenbücher zählen zu den ältesten
der Grafschaft; die der früher reformierten Gemeinde beginnen am 13.
Mai 1577, die der früher lutherischen Gemeinde am 8. September 1684.
Sieht man sich die Kirchenbücher an, "so bemerkt
man ein Kommen und Gehen, einen Aufstieg und Niedergang der Geschlechter,
undes hat besonderen Reiz, zu sehen, wie selbst in Gliedern später
zugewanderter Familien und solche begegnen, die kraft ihrer Abstammung
das Blut derer in sich tragen, die vor Jahrhunderten hier ansässig
waren und deren Name längst verklungen ist.
Von den im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts und bis
zum Dreißigjährigen Krieg als in Windecken ansässig bezeugten
Familien sind an Trägern ihrer Namen nur noch verhanden die Degen,
Heil, Hochstadt, Lind, Merz, Schmalz und Traudt; andere, wie die früher
sehr angesehenen und zahlreichen, schon für das Ende des 15. Jahrhunderts
nachweisbaren Menger, sind erst in neuerer Zeit hier verschwunden, und
der ebenfalls alte Name Lind wird in absehbarer Zeit hier nicht mehr bestehen.
Längst gehören die Bayer, Halbey, Spielmann (genannt Neuendorf),
Scheffer, Mohr, Happ, Hagen, Scholl, Lufft, Vetter, Bartmann, Cleß,
Pfungstadt, Hübsch, Juncker, Baumann, Kauß, Schenck, Bender,
Wingeland, Fauerbach, Dein, Bickes, Erb, Kaur, Metzler, Schröder,
Obernheim, Büdener, Kelsch, Flick, Feig der Vergangenheit an, und
wer weiß noch etwas von den Reich, Gülsch, Meuerer, Fritz, Barthel,
Hefferer, Fleischer, Pfeiff, Strack, Sutor, Kupferschmidt, Löher,
Henckel, Fiedeler, Finkel, Ebert, Windecker, Nicolai, Hirtfelder, Frieß,
Diel, Rod, Kaiser, Feth, Reidel, Scherer, Karl, Nipp, Wiesemer und wie
sie sonst noch hießen ? Von der Mannigfaltigkeit der Familiennamen
in dem damals noch so sehr wesentlich kleineren Windecken macht man sich
einen Begriff, wenn man erfährt, daß allein nach dem Verzeichnis
der wehrfähigen Männer von 1587 und den Einträgen in den
Kirchenbüchern nur von 1577 bis 1587 sich ungefähr 140 verschiedene
Familiennamen feststellen lassen, während heute 242 gezählt werden,
von denen zwei Drittel erst seit ungefähr 50 Jahren, und zwar hauptsächlich
in der letzten Zeit, bekannt wurden. Nicht einmal die Erinnerung an die
alten klanvollen Namen ist geblieben."
Im hohen Grade verheerend, ja fast vernichtend wirkten
auf den Bestand der alten Windecker Einwohnerschaft Krieg und Pest. Die
Pestjahre 1584, 1585, 1607, 1625, 1626, 1627, 1630 rafften viele dahin;
im September 1634 fallen viele Einwohner dem Wüten der Feinde zum
Opfer, und im Anfang des Taufregisters von 1637 schreibt Pfarrer Hermann
von der Menge derer, die in den letzten Jahren durch Hunger und Pest dahingerafft
wurden. Was konnte da noch übrig sein ? Und der große verderbliche
Krieg währte noch 11 Jahre ! "Einen ungefähren Begriff von dem
Untergang so mancher Sippe durch Hunger, Pest und Krieg in jener Zeit erhält
man, wenn man erfährt, daß von den bis Ende des 16. Jahrhunderts
nachweisbaren mindestens 160 Familiennamen sich nur noch 21 im Trauungsregister
von 1636 bis 1670 finden, das sind 13 Prozent der alten. Die anderen waren
verschwunden. Nur langsam ersetzte sich der gewaltige Menschenverlust,
den Windecken namentlich im Dreißigjährigen Kriege erlitten
hatte. Neue Namen tauchten auf, hinter denen die alten fast vollständig
zurücktreten und verschwinden. Bei manchen neuen Einwohnern ist die
Herkunft angegeben; bei gar vielen läßt uns das Kirchenbuch
im Stich, namentlich bei solchen, die als verheiratet ansässig wurden.
Viele Zugezogene schlossen sich an die sich bildende lutherische Gemeinde
an, deren Kirchenbücher 1684 beginnen. Verschwunden sind wieder, um
nur einige Familien aus dem reformierten Buch zu nennen, die Schütz
aus Oppenheim, Seifried aus Heldenbergen, Vöth (Feth) aus Metler,
Künckel und Heyer aus Steinfurth, Dauth aus Eichen, Ruppel aus Usenborn,
Bickes aus Sobernheim und Zell in der Pfalz, Beck aus Temméls (Luxemburg),
Tribout aus der Gegend von Metz, Spanheimer aus Schotten, Roth aus
Hirschau (Oberpfalz), Hoffmann aus Culm (Schweiz) und Norhausen,
Schlinglauf aus Mittelbuchen, Säftel aus Stangelszähl in Bayern,
Hahn aus Emmerod, Bassermann von Gronau, Groß aus Ostheim, Biermann
aus Niedenstein (Hessen), Volmar aus Attel (Paderborn), Dietz aus Eichen,
Voltz aus Hanau, Sinner aus Wolferborn, Wiprath aus Metz, Schartenholz
aus Westuffeln, Faul aus Steinau bei Ziegenhain, Ermatinger aus Schaffhausen,
Franck aus Offenbach, Baron aus Hanau, Wigandt aus Londershausen (Hessen),
Gebb aus Alstorf (Lothringen), Becher aus Wachenbuchen, Staudter aus Neustadt
an der Hardt, Hübenthal aus Bruchköbel, Bach aus Hungen, Emmel
aus Roßdorf, Hirstein aus Edigheim (Pfalz), Hackspiel aus dem Allgäu,
Schadt und Grunder aus Langenselbold, Blum aus Elm, Unger und Siebert aus
Ostheim, Hild aus Offenbach, Prinz aus Roßdorf. Aus dem lutherischen
Kirchenbuch seien an ebenfalls wieder verschwundenen Familiennamen genannt:
Sturm aus Assenheim, Wittich aus Heldenbergen, Burckhardt aus Pfettersheim
(Pfalz), Sämann aus Oberflorstadt, Oberacker aus Staden, Gallenbeck
aus Ortenberg, Grimmelbein aus Gontzenheim, Großhans aus Eichen,
Steinmetz aus Heldenbergen, Pullmann aus Nieder-Roßbach, Leipold
aus Offenbach, Ritz aus Niederstoll."
Als Stammväter noch hier bestehender Familien seien
nach dem Trauungsregister und dem Taufregister der reformierten Gemeinde
von 1620 bis 1830 mit dem Jahr der ersten Erwähnung genannt: Peter
Schmidt, Bierbrauer, 1621; Valentin Quillmann, 1622; Henrich Beer (Bär),
1640; Wigand Reul, von Heldenbergen, 1642; Valentin Jost, von Oberdorfelden,
1643; Caspar Spielmann, 1644; Heinrich Fuß, 1651; Nicolas Weider,
aus Diedorf, 1653; Kaspar Reul, 1653; Hans Schüler, 1654; Hans Peter
Frantz, 1662; Isaak Bauschard (Bauscher), aus Rödelheim, 1678; Johannes
Diegel, aus Rüdigheim, 1682; Johann Nathanael Vollmann, aus Marköbel,
1686; Johann Jakob Vogel, aus Bruchköbel, 1702; Christoph Wagner,
1704; Franz Lapp, Chirurg, aus Heidelberg, 1704; Johann Henrich Schweinsberg,
aus Geismar, 1736; Johann Georg Lotz, aus Niederzell, 1737; Johann Peter
Emmerich, aus Preungesheim, 1747; Weitzel Lotz, aus Niederzell, 1747; Johann
Michael Strempel, 1763; Andreas Förter, von Ostheim, 1769; Johann
Adam Demuth, aus Roßdorf, 1767; Johann Dietrich Rödiger, 1782;
Johann Andreas Hinkel, aus Vilbel, 1768; Heinrich Waas, aus Ostheim, 1799;
Johann Michael Kropp, aus Kilianstädten, 1805; Hieronimus Schales,
aus Hochstadt, 1816.
Nach den Registern der Lutherischen Gemeinde von 1684
bis 1830 sind als Stammväter hier noch blühender Familien zu
nennen: Hans Muth, 1684; Hans Henrich Walther, 1687; Johann Kasimir Schneider,
1706; Sigfried Färber, aus Büdesheim, 1711; Johann Henrich Färber,
aus Kleinkarben, 1716; Johann Henrich Westphal, aus Langenbergheim, 1717;
Johannes Gebhard, von Rüdigshain, 1735; Johann Henrich Pfeiffer
aus Hirtzenhain, 1743; Johann Konrad Stein, aus "Freyn Sehn", 1745; Johann
Ludwig Dahl, aus Offenbach, 1774; Johannes Spielmann, aus Lindheim, 1776;
Johann Henrich Vollbrecht, aus Dauernheim, 1797; Konrad Stephan, aus Dauernheim,
1798; Johann Heinrich Klosterbecker, aus Schlitz, 1804; Johannes Clauß,
aus Niederflorstadt, 1806; Johannes Bretthauer, aus Höchst, 1809;
Johannes Hack, aus Eckardroth, 1812; Johann Balhasar Schuch, aus Dortelweil,
1826.
Es bedarf wohl keines besonderen Hinweises darauf, daß
in den letzten 300 Jahren eine große Anzahl wieder vollständig
verschwundener Familiennamen hier auftreten; aus der Reihe der hier nicht
mehr, aber auswärts noch fortbestehenden Sippen seien folgende genannt:
1. Bartmann. Der letzte Träger dieses schon in der ersten Hälfte
des 16. Jahrhunderts vorkommenden Namens starb hier mit Johann Peter B.
am 7. 1. 1814; die Familie ist noch in Frankfurt am Main vertreten. 2.
Baumann. Mit Johann Christoph B. starb am 15. 10. 1810 die seit 400 Jahren
nachweisbare Familie hier aus; sie besteht noch weiter in den Nachkommen
des 1654 hier geborenen Konrad B., der sich 1769 nach Erbstadt verheiratete.
Von da verbreiteten sich seine Nachkommen nach Ostheim, Eichen, Rüdigheim,
Mittelbuchen, Bruchköbel und weiter. Am 17. 10. 1917 starb zu Windecken
der Pfarrer Metropolitan Gustav Jakob Baumann, der, 1851 zu Mittelbuchen
geboren, vom 1. 5. 1895 in Windecken Pfarrer war, ihne zu wissen und zu
erfahren, daß dies die Urheimat seiner Familie sei. 3. Dietz. Als
letzter Namensträger starb daher Heinrich Philipp D. am 4. 8. 1929;
die Familie ist noch vertreten in Schlangenbad-Schwambach und in Richmond
N.-A. 4. Menger. Mit dem Hochmüller Heinrich Wilhelm Achatius M. starb
hier am 2. 5. 1886 die Familie aus, die aber noch in Frankfurt am Main
weiterbesteht. 5. Spielmann. Mit dem 1828 geborenen Michael Sp. starb der
letzte hiesige Träger dieses Namens als Nachkomme des 1644 zuerst
genannten Caspar Sp. am 7. 2. 1890; die Familie ist durch männliche
Glieder noch vertreten in Frankfurt am Main, Niederweimar bei Marburg und
anderen Orten.
Manche Sippen, wie die Reul, Schmidt, Weider und Westphal,
sind gegenwärtig hier stark vetreten; andere, wie die Pfeiffer, Lind
und die Nachkommen des aus Lindheim stammenden Johannes Spielmann (1749-1813),
werden beim Mangel männlicher Nachkommen in absehbarer Zeit hier zu
den verschwundenen gehören.
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